Die Suche nach der Freiheit

15.09.2017Erste Versuche mit einer Angestellten

Es war ein Ziel von mir für dieses Jahr, erstmalig Personalverantwortung zu übernehmen, also beruflich komplett für jemanden verantwortlich zu sein, ihm/ihr Aufgaben zuzuleiten, Ergebnisse zu überprüfen und eingliedern, mal schimpfen und alles, was eben so dazugehört.

Für mein Online-Wörterbuch OpenRussian.org habe ich jetzt knapp vier Monate eine Aushilfe beschäftigt, was für mich eine sehr interessante Erfahrung war. Ich weiß, dass für Viele in meinem Alter Führungserfahrung fast eine Selbstverständlichkeit ist, auch deshalb wollte ich das unbedingt angehen. Mittlerweile habe ich sie wieder entlassen, will es aber bald in ähnlicher Form wieder aufnehmen.

Jemanden finden

Ich wollte jemanden, der mir hilft, bestimmte Spracheigenschaften auf der Webseite einzupflegen und im Content-Marketing aushilft, also Artikel verfasst, um über Google besser gefunden zu werden. Ich brauchte also eine russische Muttersprachlerin, die auch sehr gut englisch spricht.

Das Einzige was mir eingefallen ist: Über ein Tutor-Portal habe ich mir einfach eine Skype-Russisch-Sprachlehrerin geholt und ein paar Stunden bei ihr genommen, um zu schauen, ob sie vernünftig ist. Als ich sie gefragt habe, hat sie nach einer Woche Überlegen zugesagt und wir haben uns auf 7€/Stunde und 4h/Woche geeinigt, was sicher nicht schlecht ist für eine Stundentin in Irkutsk, Russland.

Zusammen arbeiten

Die ersten Wochen waren wirklich einfach und toll: Sie hat für mich Aufgaben abgearbeitet und wir haben einmal pro Woche geskypt, das Vergangene besprochen und Kommendes beauftragt. Sie war stark in dem Herausarbeiten der Wort-Kategorien (z.B. alle Wörter mit Bezug zu Medizin auflisten) und hat sichtbar deutlich mehr als die vereinbarte Zeit gearbeitet.

Nach zwei Monaten war im Sprachbereich erst einmal alles getan und ich habe sie für's Marketing eingesetzt. Das war etwas holpriger, auch weil sie absolut keine Erfahrung in dem Bereich hatte, aber sie war immer noch sehr motiviert. Das Problem war dann: Das Reisen hat mich sehr beansprucht, ich habe ja noch meine Erwerbs-Arbeit und hatte dann oft keinen freien Kopf. Dann hatte ich mich die ganze Woche nicht mit OpenRussian beschäftigt und mich nur eine halbe Stunde auf den Call vorbereitet. Dazu musste ich öfter unser Treffen verschieben weil ich ständig zwischen den Zeitzonen gewechselt bin und im Oman ging es mal gar nicht, weil die dort wohl Skype, WhatsApp Calls usw einfach sperren..

Tja, ihr Output ging dann auch irgendwann gegen null, auch weil ich kaum dazu kam, ihre Ergebnisse einzuarbeiten. Als sie mich dann sogar einmal an die Gehaltsüberweisung erinnern musste, musste ich mir ehrlich eingestehen, dass das erst einmal keinen Sinn mehr macht und ihr dann quasi gekündigt.

Reflektion und Ausblick

Ich muss schon sagen: Über Monate jemanden zu beschäftigen ist doch noch ein anderes Kaliber als kleine Jobs über Fiverr oder Freelancer zu vergeben. Klar, People-Management ist ein Skill, aber dass das schon bei einer 4h/Woche Aushilfe zutrifft, hätte ich nicht gedacht. Es war tatsächlich nicht immer einfach, sie effektiv einzusetzen, also dass sich der Geldeinsatz auch lohnt. Selbst für ihre paar Stunden Arbeit musste ich gar nicht so wenig koordinieren, mir immer ausdenken, was sie tun kann, ihre Denkprozesse begleiten und Ergebnisse manchmal noch glätten.

Auch sonst musste ich mich in einigen Belangen finden: Wie verpacke ich nett die Befehle, die ich ihr gebe, während ich gleichzeitig kollegial bleiben will? Wie bringe ich Kritik an? Wo ist der goldene Mittelweg in der Nähe, dass man sich kennenlernt und auch mal über Persönliches quatscht, aber man gleichzeitig die erforderliche Distanz wahrt?

Die Voraussetzungen waren sicherlich auch nicht die einfachsten: Man hat sich nie persönlich getroffen, ist ein paar tausend Kilometer voneinander entfernt, die Kommunikation war in englisch anstatt deutsch/russisch, man kommt aus unterschiedliche Kulturen und gerade im Marketing war sie sehr Junior.

Was hätte ich besser machen können? Wahrscheinlich Vieles! Es wäre um Einiges besser gelaufen, hätte ich dem Projekt für mich in dem Zeitraum mehr Fokus und Bedeutung gegeben. Für das Marketing hätte ich entweder jemanden mit Vorerfahrung suchen oder sie strikter anleiten müssen, da war sie teilweise etwas verloren. Dafür habe ich es am Anfang gut geschafft sie in das Projekt zu integrieren und zu motivieren - immerhin.

Es war für mich insgesamt eine tolle Erfahrung. Einmal, dass ich Lydia kennengelernt habe und dass ich ansatzweise Erfahrung im Anleiten gewinnen konnte. Ich finde es schade, dass ich in das Managen nicht schon früher reingeschnuppert habe, es scheint mir eine sehr wichtige Fähigkeit zu sein - aber was soll's.
Finanziell war es eher ein Nullsummenspiel, aber es hat mir Spaß gemacht, auch wenn es mich gleichzeitig viel Zeit und Kraft gekostet hat. Es ist gut, dass ich erstmal eine Pause hab, um alles zu verarbeiten und das nächste mal kann ich dann als besserer Mensch wieder einsteigen :-)

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