Die Suche nach der Freiheit

04.02.2017Ortsunabhängigkeit

Seit über drei Monaten bin ich jetzt ortsunabhängig. Das heißt, ich habe meinen Wohnort in Frankfurt aufgegeben um zwischen Städten und Ländern zu springen wie es mir beliebt. Soweit war ich einen Monat in Georgien, jeweils zwei Wochen in Armenien und Aserbaidschan und über die Weihnachtsfeiertage bei meinen Eltern. Dazu jeweils ein paar Tage in Kassel, Düsseldorf und Zürich; dann nach Thailand, Bangkok und nun bei einem Freund in Pattaya.

Leichtigkeit

Hier bin ich nun. Alltag habe ich weiterhin, alleine weil aufstehen, zum Arbeitsplatz (Coworking) gehen und dort arbeiten gleich geblieben sind. Aber der Rahmen ist anders. Ich kann jeden Tag ohne Wecker in's Bett und ausschlafen, weil ich zu keiner festen Zeit im Büro sein muss oder Gruppendruck habe. Ich kann auch den ganzen Tag durch Museen tingeln und erst Abends oder Nachts arbeiten. Mein Leben hat absolut keinen Overhead mehr, es gibt nur noch mich, meinen Laptop, meine Reisetasche und meine Kreditkarte. Es fühlt sich alles sehr, sehr leicht an.

Auch habe ich kaum noch Verträge am laufen oder Verantwortung für irgendetwas. Ich wohne in AirBnB-Wohnungen und Hotels - das nimmt viele Gedanken ab. Man hat keine Historie mit Nachbarn oder der Kassiererin im nächsten Supermarkt. Hört sich die Waschmaschine komisch an, ist das nicht mein Problem. Läuft sie gar nicht mehr, bestelle ich den Vermieter her, das muss er regeln. Im Hotel gebe ich sogar einfach nur die Wäsche ab und finde sie am nächsten Tag sauber und gefaltet auf meinem Bett. Auch muss ich so nicht wischen oder saugen. Nur der Abwasch bleibt, andererseits sind die Restaurants in meinen Ländern soweit so günstig, dass ich alle drei Mahlzeiten einfach extern essen kann.

Das Einzige, das ich tatsächlich machen muss, sind also die 6 Stunden Arbeit pro Tag und ab und an etwas zu essen. Sonstige Aktivitäten beschränken sich auf das Gym, Verabredungen und Wochenendausflüge. Wahrscheinlich könnte man irgendwie argumentieren, dass man mit festem Wohnsitz auch nicht mehr Verpflichtungen hat, aber ich habe mich noch nie so frei gefühlt.

Arbeit & Geld

Als Softwareentwickler habe ich natürlich das Glück, dass ich zum Arbeiten nicht viel brauche. Eine stabile Internetverbindung und meinen Laptop, das war's. Mit den Kollegen kommuniziere ich in unserem Team-Chat, per Mail und Skype, das klappt gut soweit.

Sitzen will ich aber nicht im aktuellen zuhause oder nächsten Café, sondern wähle Coworking-Spaces. Die findet man in fast jeder Großstadt weltweit. Dort mietet man sich einen Schreibtisch und hat alle notwendige Infrastruktur wie schnelles WLAN, guten Kaffee und nette quasi-Kollegen - Selbstständige und Startup-ler - um sich herum.

Coworking Tiflis

Verdienstmöglichkeiten für Digitale Nomaden gibt es mittlerweile sogar einige. Viele sind natürlich Entwickler und Designer, aber auch Social Media Manager oder Texter findet man. Es gibt mehrere Jobbörsen für Remote-Arbeiter (1, 2) und genug Einstiegshilfen (z.B. 1, 2).

Das Tolle ist: Das Reisen kann für Erste-Welt-Ländler sogar günstiger sein als die alte Heimat. Die zwei großen Remote-Hubs sind Chiang Mai in Thailand und Ubud auf Bali in Indonesien, mit Lebenshaltungskosten von 600€ respektive 1.100€ monatlich. In Ost- und Südeuropa, Südostasien und z.B. Indien oder Mexiko kann man mit nicht einmal 1.000€ pro Monat sehr gut leben. Einen guten Überblick geben hier Nomadlist oder Numbeo.

Beispiel von mir in Armenien: Meine zentrale AirBnB-Wohnung kostete 18€/Tag, das Coworking 4€/Tag, ein Restaurantbesuch 6€, günstiges Streetfood gibt's schon für 50 Cent. So kommt man mit 800€ monatlich schon gut hin.

Der Arbeitsplatz und damit der Verdienst ist sicher das Hemmnis, um so ein Leben zu starten, aber es gibt tatsächlich Jobs und die Möglichkeit, sehr günstig zu leben.

Abenteuer

Spannend ist es natürlich auch: In den letzten drei Monaten hab ich vier Länder bereist und etwas kennengelernt. Man lernt ständig neue Leute kennen, man lebt in einer komplett fremden Welt. Sprache, Währung, Gepflogenheiten und Stadtbild, alles anders. Und der Wochenendausflug kann dann auch Wandern im Kaukasus sein.

In den georgischen Bergen

Wird es einem doch zuviel Abwechslung oder will man Bekanntschaften vertiefen, bleibt man einfach ein paar Wochen länger. Findet man keinen Anschluss mit den Locals oder den Leuten im Coworking, reist man verfrüht weiter, kein Problem.

Hier vergeht die Zeit für mich viel langsamer, die Welt wirkt kleiner und ich bin deutlich produktiver als vorher, konzentrierter. Trotzdem fühlt es sich ganz anders an als Urlaub, denn hier komme ich richtig an, hier ist mein neues, wenn auch immer nur temporäres, zuhause. Leute die ich mag und Straßen die ich kenne. Jeden Tag einen Ausflug gibt meine Energie nicht her, deshalb gibt es unter der Woche eher das Gym, Verabredungen in Bar oder Theater oder mal einen Stadtrundgang mit neuen Bekannten.

Ausflug auf Insel Koh Larn in Thailand

Allein das im Ausland sein würzt den Alltag aber für mich schon deutlich. Hier kann kein Monat verfliegen, ohne dass etwas passiert, einfach weil es immer so viel Neues gibt - und darauf kommen dann eben noch die Ausflüge. So kann ich mir im Moment dann auch überhaupt nicht mehr vorstellen, einfach wieder im Büro in Frankfurt zu sitzen. Das heißt nicht, dass die Zeit schlecht war, im Gegenteil, nur eben so ungleich ereignisloser.

Ausblick

Soweit macht mich dieses Leben sehr glücklich, ich liebe diese viele Abwechslung, die neuen Menschen und Orte. Mir wurde gesagt, ich wirke deutlich entspannter und ausgeglichener als in meiner Zeit im Büro und ich fühle mich auch fröhlicher.

Das Nomadenleben hat natürlich nicht nur Sonnenseiten, es fehlen gute Freunde und Familie um einen herum. Das vegetarische Ernähren kann sehr schwierig sein und hat man bei AirBnB eine schlechte Wohnung erwischt, muss man da halt für den Buchungszeitraum durch.

So, und jetzt wieder raus in die sonnigen 30 Grad, lecker Thai Street-Food genehmigen!

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