Die Suche nach der Freiheit

12.06.2016Zeit

Ich komme gerade von einer Woche Palermo und dann vier Tagen Wandern zurück. Natürlich ging es schnell um, es fühlt sich aber trotzdem eher an, als wäre es zusammen ein ganzer Monat gewesen. In so mancher Arbeitswoche dagegen will der Freitag einfach nicht kommen und in der Rückschau hätte ich genauso gut im Koma liegen können, so wenig ist passiert. Zeit ist neben der Gesundheit das einzig wirklich endliche im Leben, deshalb lohnt es sich sicher, darüber nachzudenken.

Zeitempfinden

Der Film Interstellar erklärt es so: Zeit lässt sich strecken und stauchen, aber niemals anhalten oder zurückdrehen. Das ist dort physikalisch gemeint, trifft ja aber auch auf die empfundene Zeit zu. Eine Stunde mit einem guten Film vergeht im Flug, eine Stunde warten an einem Bahnhof zieht sich ewig. Dafür gibt ja sogar die passenden Begriffe "kurz-weilig" und "lang-weilig".
Nach meinen Beobachtungen verhält es sich so: Es gibt neben der empfundenen aktuellen Zeitgeschwindigkeit auch die Länge der Erinnerung, und die beiden verhalten sich oft entgegengesetzt. Das Schauen des Films geht schnell, man denkt aber unter Umständen öfter daran zurück, er erzeugt viel Erinnerung. Das Warten am Bahnhof vergeht langsam, erzeugt aber keine Erinnerung.

Intuitiv scheint man "langsame" Momente zu vermeiden, niemand wartet oder langweilt sich gern. Für Kurzweiligkeit dagegen bezahlt man aber sogar, ob Bücher, Filme, Spiele oder Reisen. Sind solche erfahrungsreichen Aktivitäten, die schnell vorbeigehen, also immer besser? Nicht zwingend, denn sicher zählt die Balance, weshalb mancher den Urlaub einfach im Liegestuhl am Strand verbringt, anstatt in hohem Tempo das Land zu erkunden. Auch gibt es ja das "Entschleunigen", um etwas Ruhe in das Leben zu bringen. Offensichtlich vertragen wir also nur eine bestimmte Menge an Action, auch unter meinen Freunden finde ich unterschiedliche Maße an Energie. Interessant wäre hier, ob sich dieses Maß steigern oder senken lässt.

Wissenschaft

Hier die Ergebnisse zum Zeitempfinden aus zwei netten Artikeln, andere geprüfte scheinen zu gleichen Schlüssen zu kommen [^] [^]:


Ausgewählte Ausschnitte:

Der britische Psychologe John Wearden zeigte einer Gruppe von Personen neun Minuten lang spannende Filmausschnitte, während eine zweite Versuchsgruppe sich langweilte.

Erwartungsgemäß vergingen die neun Minuten für die Filmgucker subjektiv schneller als für die gelanweilt Wartenden. Nach einigen Tagen noch einmal nachgefragt, hatte sich das Empfinden jedoch ins Gegenteil verkehrt. Die Filmgucker glaubten, eine sehr lange Zeitspanne mit Zuschauen verbracht zu haben, während die Gelangweilten ihre Wartezeit drastisch kürzer einschätzten, als sie wirklich war.
[...] while both age groups perceived short periods of time (i.e. hours, weeks, months) similarly, older adults reported that the last 10 years passed more quickly than young adults.
For a 5-year-old, one year is 20% of their entire life. For a 50-year-old, however, one year is only 2% of their life.
[...] we may be measuring past intervals of time by the number of events that can be recalled in that period. Imagine a 40-something mom experiencing the repetitive, stressful daily grind work and family life. The abundant memories of her high school years (homecoming football games, prom, first car, first kiss, graduation) may [...] seem like much longer than the mere four years that they were.

Sinnvolle Zeit

Gibt es überhaupt verschwendete Zeit, wenn wir entweder die Gegenwart oder das Empfinden der Zukunft dehnen können? Ich denke, ja. Ich finde, das erstmalige Schauen von z.B. Herr der Ringe ist sinnvolle Unterhaltung, den ganzen Tag vor dem Fernseher zu liegen aber nicht. Man kann von Artikeln und Blogs im Internet vieles lernen, bei exzessivem Genuss sind es aber vertane Stunden. Ich messe mit dem Tool RescueTime, mit was ich meine Zeit am Rechner verbringe und es ist erschreckend, wenn ich in einer Woche mal wieder über 20 Stunden absolut vergeudet hab.

Also, was genau ist sinnvoll eingesetzte Zeit? Das muss jeder für sich selbst beantworten, aber für mich gilt


Die Tage Wandern waren Genuss. Diesen Blog verfasse ich, um Menschen zu interessanten Gedanken anzuregen, meine Schreibfertigkeiten zu verbessern und weil es mir bei der Reflektion hilft. Das Waschen der Wäsche gleich wird definitiv kein sinnvoller Zeiteinsatz. Duschen, auf Klo gehen und alltägliches Essen könnten gerne ebenso entfallen.

Die schlussendliche Frage lautet wahrscheinlich: Was würde man jeden Tag machen, wenn man keine Pflichten und Bedürfnisse hätte? Wenn man nicht zur Arbeit, auf das Amt etwas klären und nochmal der GEZ antworten müsste. Immerhin ist man 16 Stunden pro Tag wach und die Zeit vergeht gnadenlos - wie will man sie nutzen?


Mein Fazit: Den inneren Angsthasen erschießen, der einen immer zurückhält, und auf in's Abenteuer, in neue Gewässer und alles erleben was geht!



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