Die Suche nach der Freiheit

13.08.2016FIRE

Die finanzielle Unabhängigkeit strebe ich schon lange an. Sie bedeutet für mich vor allem, Zwänge und Begrenzungen zu überwinden: Dass man sich morgens in's Büro schleifen muss und genau 24 Tage Urlaub im Jahr hat. Dass man den Großteil des Tages etwas tut, was einem vorgegeben wird und nicht das, wofür man brennt. Dass man nicht einfach mal ein halbes Jahr wegfahren kann.

Also das Leben gestalten können, wie man will. Das wollte ich bisher immer erreichen, indem ich mir etwa 2 Mio Euro erarbeite, zum Beispiel durch ein eigenes Unternehmen. Mit FI/RE habe ich aber eine Strategie und Bewegung entdeckt, die das gleiche wollen: Financial Independence, Retire Early.

FI/RE-Grundkonzept

Auf FI/RE bin ich zuerst bei Reddit gestoßen, im Sub Financial Independence. Hier diskutieren über 140.000 User (!) über die richtige Methodik, das richtige Alter oder die richtige Gegend für den frühen Ruhestand. Von Reddit sind dann Blogs wie Mr. Money Mustache oder Root of Good verlinkt, dazu etliche Foren und Wikis. Auch einige deutsche Blogger gibt es, habe ich aber noch nicht ausgecheckt. Und bei Amazon gibt es sogar 13 Seiten an Büchern.

Das Geheimnis des Ganzen, der finanziellen Unabhängigkeit: Wenig ausgeben, sparsam leben. Die wichtige Kennziffer ist die Sparrate, also wieviel man beiseite legen kann im Bezug auf das Einkommen. Bei einer Sparrate von z.B. 30% legt man knapp ein Drittel seines Netto-Einkommens beiseite. Je mehr, desto besser und umso früher kann man in Rente gehen. Zum Beispiel schon mit 33 Jahren, wie Root Of Good.

Mathematisch ist das recht einfach: Man reduziert massiv seine Ausgaben, spart sich Geld an und investiert es mit etwa 5% Rendite, z.B. durch die Anlage in Aktien oder Immobilien. Nach einigen Jahren hat man nun genug angespart, um von dieser Rendite leben zu können. Die niedrigen Ausgaben sind dabei so wichtig, weil sie doppelt helfen: Zum einen spart man schneller an und zum anderen benötigt man weniger Angespartes, von dessen Rendite man später leben will.

Beispiel: Man verdient momentan netto 3.000€ pro Monat und reduziert seine Ausgaben auf nur noch 1.000€ pro Monat. Das Gesparte (2.000€) steckt man über 10 Jahre immer in Aktienfonds und hat dann dort 300.000€ liegen. Bei 4% Rendite hätte man ab jetzt einen Wertzuwachs von 12.000€ pro Jahr, die man so verbrauchen kann, fertig.

Ok, wegen der Inflation spart man eben noch zwei Jahre länger. Und der Aktienmarkt schwankt stark, also streut man besser mehr. Aber das Grundprinzip funktioniert. Es gibt sogar einen Rechner, der einem sagt, wann man schon in den Ruhestand gehen könnte.

Der Weg dahin

Das Sparen beinhaltet mehrere Komponenten. Zum einen das Herunterschrauben der fixen Lebenshaltungskosten, zum anderen das Zusammenhalten des Geldes im Alltag. Also günstige Wohnung und seltener shoppen. Mit Johannes hatte ich mal überlegt, wie günstig man denn leben könnte, maximal. Das wäre dann Wohnmobilstellplatz, Krankenversicherung und Essen, zusammen etwa 600€ monatlich, das in etwa ist die Untergrenze.
Ob und wieviel man sparen will, muss jeder selber wissen, es ist immer ein Kompromiss aus gefühlter Lebensqualität und dem Aufbau von Rücklagen. Ein erster Schritt ist sicherlich, sich aller eigenen Ausgaben bewusst zu werden und ein Gefühl für die einzelnen Posten zu bekommen. Gibt man 200€ oder 500€ pro Monat für Essen und Bars aus? Ein Notizblock oder die richtigen Apps helfen dabei.

Der andere Teil der Gleichung, das Erhöhen des Einkommens, erscheint erst einmal schwieriger. Wer verbeamtet ist, hat hier wohl kaum Möglichkeiten. Für alle Anderen ist es nur Geschick. Man sagt, Jobwechsel bringen die höchsten Einkommenssprünge. Und Großkonzerne bezahlen deutlich mehr als kleine Unternehmen. Man kann auch beim momentanen Chef eine neue Rolle oder auch einfach ohne Anlass ein deutlich höheres Gehalt fordern. Oder die Wochenarbeitszeit erhöhen, oder Urlaubstage abgeben. Man kann sich auch weiterbilden oder komplett umorientieren. In die Schweiz oder nach Norwegen ziehen. Alles ist erlaubt, die Grenzen setzt uns oft nur unsere eigene Angst und falsche Rücksichtsnahme.

Schlussendlich gehört das Geld noch angelegt. Zufällig bin ich zurzeit beruflich in genau dieser Branche und was ich hier gelernt habe, deckt sich mit den Tipps der FIRE-Community: Kostengünstige Indexfonds sind das Mittel der Wahl. Also Finger weg von einzelnen Aktien, außerdem auch bei fallenden Kursen nicht das Geld abziehen und nicht versuchen, den Markt zu timen, sondern konstant immer weiter einzahlen. Monat für Monat die gleiche Summe, egal was der Markt gerade macht, egal wenn die Welt mal wieder unter geht.

Und was kommt dann?

Man hat das Geld zusammen und es ist gut angelegt, von der Rendite kann man leben - was nun? Jetzt wird es vor allem spannend. Interessanterweise dreht es sich in der Community auch kaum um diese Phase, da hat wahrscheinlich eh jeder seine eigene Vorstellung.

Die wichtigste Frage dürfte wohl die nach dem Wohnort sein. Die meisten werden sicher ihre Heimat wählen, aber die Lebenshaltungskosten können woanders deutlich günstiger sein. Die Klassiker sind wohl Thailand und Südspanien. Statt an einem festem Wohnsitz kann man sein Leben auch mit Reisen verbringen.

Wie verbringt man nun seinen Tag? Kinder, Sport, Hobbies, Ehrenämter, Haus und Garten, Welt retten? Wer weiß, ich denke das ist im voraus schwer zu beantworten. Sicher bin ich mir aber, dass damit eine tolle Zeit anfängt.

Wer macht denn sowas

Mein Eindruck ist, dass ein ganz bestimmter Typ Mensch diesen Weg geht. Paare, die dann für Jahrzehnte im Wohnmobil durch die Welt ziehen oder in einem kleinen Ort wohnen und ultra-sparsam leben. Die FIRE-Leute scheinen oft Aussteiger zu sein, die ihren eigenen Weg gehen. Sehr ausgeglichen und reiselustig, aber mit ihrer Taktik geht natürlich zuerst Verzicht einher. So klinkt man sich sicher auch etwas aus der Gesellschaft aus, lebt dafür aber in vollkommener Freiheit.

Ich kenne niemanden persönlich, der sich so früh aus dem Erwerbsleben verabschiedet hat. Vielleicht auch, weil hierzulande ja die Sozialhilfe etwas ähnliches darstellt, aber stark verpönt ist. Oder man arbeitet zu gerne, ich ja eigentlich auch. Nur eben nicht für andere.

Es scheint auch einige zu geben, die nur die erste Hälfte anstreben, die finanzielle Unabhängigkeit und das sparsame Leben; also ohne das Ziel des Retire Early. Von Warren Buffet als einem der Reichsten der Welt zum Beispiel ist bekannt, dass er immer noch in seinem ersten, günstigen, Haus wohnt.

Auch Robert Kiyosaki betont in Rich Dad, Poor Dad: Sein einer Vater versenkte jede Gehaltserhöhung gleich in besserer Wohnung oder größerem Auto und blieb damit vermögenslos. Der andere lebte sparsam und investierte und wurde dadurch reich und unabhängig - lebte aber trotzdem bescheiden weiter.

Fazit

Finanzielle Unabhängigkeit - ja, her damit! Die FIRE-Taktik und -Community gefallen mir. Nur einen leicht anderen Weg wähle ich, da ich nicht allzu sparsam leben und außerdem weiter an einem eigenen Unternehmen arbeiten will.

Momentan ist meine Sparrate bei 45%, damit bin ich recht zufrieden. Ich schaufel außerdem monatlich Geld in Indexfonds, wo ich es auch nicht anrühren werde. Wann könnte ich finanziell unabhängig sein? Mit dieser Methodik leider wohl erst in 20 Jahren, aber ich habe ja auch vor, meine Einnahmen zu steigern.

Was das Ganze schon bei mir bewirkt hat: Mein ganzes Leben lang hatte ich mir nie Rücklagen aufgebaut. Klar, manchmal hat sich Geld auf dem Konto angesammelt, aber das war dann einfach nur noch nicht ausgegeben. Jetzt baue ich mir aber richtig etwas auf, ich will mir viel ansparen. Die Höhe meines Vermögens ist zu einem wichtigen Wert für mich geworden, auch wenn alles noch ganz am Anfang ist. Insofern hat sich bei mir ein Schalter umgelegt und ich freue mich auf alles, was da noch kommt!

Wie sieht das bei dir aus, liebe/r Leser/in? Wie viel deines Nettos sparst du und kannst du noch Ausgaben senken? Wäre vielleicht sogar die FIRE-Strategie etwas für dich? Wer weiß, vielleicht liegst auch du in 15 Jahren nur noch in Spanien am Strand.

Newsletter

Bei neuen Posts benachrichtigt werden!

Bitte gültige E-Mail Adresse eingeben

Erfolgreich eingeschrieben! :)

Zurück zur Startseite